Das Wesen der Menschenrechte

Deklaration der Menschenrechte von 1789

Menschenrechte sind subjektive Rechte, die jedem Menschen allein auf Grund seines Menschseins zustehen.

Oder anders ausgedrückt: Menschenrechte sind egalitär begründete, universelle, unteilbare und unveräußerliche Rechte.

Menschenrechte werden allgemein verstanden als Abwehrrechte des einzelnen Menschen gegen den Staat zum Schutz seiner Person und seiner Freiheitssphäre. Mit diesen Menschenrechten korrespondiert regelmäßig eine Schutzpflicht des Staates, die auch gegenüber Bedrohungen der Menschenrechte durch Dritte besteht. Erst im Zusammenspiel mit dieser staatlichen Schutzpflicht kann ein Menschenrecht vollständig verwirklicht werden.

Und schließlich: Menschenrechte sind keine „Bürgerrechte“, sondern gehen über diese hinaus. Denn Menschenrechte stehen jedermann unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit zu.

Egalität

Menschenrechte sind egalitär. Sie gelten für jeden Menschen gleich und sie werden für jeden Menschen in gleicher Art und Weise garantiert. Soweit seine Menschenrechte betroffen sind, ist jeder Mensch vor dem Gesetz gleich und gleichberechtigt.

Damit ist dieses Prinzip der Egalität, der Gleichberechtigung den einzelnen Menschenrechten übergeordnet. Niemand darf – auch nicht in der Wahrnehmung seiner Menschenrechte – wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Herkunft, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder wegen seiner Behinderung benachteiligt oder bevorzugt werden.

Ausfluss dieses Egalitätsgrundsatzes sind sodann einzelne Menschenrechte, wie etwa der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder einer bestehenden Behinderung.

Das Egalitätsprinzip zeigt dabei zwei Auswirkungen:

1.) Ausfluss des Egalitätsprinzips ist zunächst ein Differenzierungsverbot: Das Differenzierungsverbot verbietet rechtliche Differenzierungen nach Kriterien wie Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Herkunft, religiöser oder politischer Anschauungen oder wegen einer Behinderung.

2.) Ausfluss des Egalitätsprinzips ist darüber hinaus aber auch ein Anspruch auf Gleichstellung: Dieser Anspruch auf Gleichstellung geht über ein Differenzierungsverbot hinaus, er gebietet die Schaffung von Chancengleichheit. Neben das seit der Zeit der Aufklärung anerkannte Abwehrrecht, den status negativus, tritt damit ein status positivus, nämlich der Anspruch auf erforderliche soziale Leistungen.

Aber auch insoweit ist zu beachten, dass Menschenrechte Rechte des Menschen gegen den Staat sind. Der Staat muss alle Menschen gleich stellen, Chancengleichheit im privaten oder geschäftlichen Bereich zählt hierzu nicht. Und auch soweit man den Staat in diesen Bereichen zur Herstellung von Chancengleichheit verpflichtet sieht, muss man stets gewahr sein, dass dies wiederum mit dem Grundsatz der Egalität der Menschenrechte kollidieren kann – nämlich indem eben zulasten dritter Personen nach diesen – eigentlich unzulässigen – Kriterien differenziert wird.

Universaltität

Menschenrechte sind allgemein gültig. Das Postulat einer Universalität der Menschenrechte beschreibt einen umfassenden Geltungsanspruch: Die Menschenrechte gelten überall und für alle Menschen. Damit hat die Forderung nach einer Universalität der Menschenrechte eine subjektive und eine intersubjektive Bedeutung:

1.) Die subjektive Bedeutung der Menschenrechte: Jeder Mensch kann sich überall auf dieselben – die elementaren Bedürfnisse seiner Person und seines Freiheitsanspruchs schützenden – Menschenrechte berufen.

2.) Die intersubjektive Bedeutung der Menschenrechte: Jedermann muss (soll) die allgemeine Geltung der Menschenrechte anerkennen. Denn nur wenn die Mitwelt meine Menschenrechte anerkennt, können hierdurch meine elementaren Rechte geschützt werden.

Dies bedeutet allerdings auch, dass die Erfüllung der Intersubjektivität der Menschenrechte eine Voraussetzung für die subjektive Funktion der Menschenrechte ist.

In dieser Abhängigkeit von der Intersubjektivität findet sich auch der Grund für die Bestrebungen, Menschenrechte durch internationale Erklärungen und Übereinkünfte zu schützen. Denn nur, wenn tragfähige, rechtliche Instrumente zur Durchsetzung der Menschenrechte geschaffen werden, kann deren allgemeingültige Anerkennung gewährleistet werden.

Unteilbarkeit

Menschenrechte sind unteilbar. Menschenrechte können stets nur in ihrer Gesamtheit verwirklicht werden.

Die Verletzung oder Nichtgewährung einzelner Menschenrechte geht regelmäßig auch mit der Verletzung weiterer Menschenrechte einher:

1.) Die Verletzung sozialer oder kultureller Menschenrechte führt regelmäßig auch zu einer Verletzung der politische und bürgerlichen Menschenrechte

2.) Freiheitsrechte sind nicht umsetzbar, wenn das Recht auf Leben (oder auch nur das Recht auf Nahrung) verweigert wird.

Der Grundsatz der Unteilbarkeit der Menschenrechte ist damit der Gegenpart zu ihrer Universalität: Menschenrechte müssen immer, überall und alle gelten.

Dieser Grundsatz der Unteilbarkeit bedeutet aber auch, dass es keine Menschenrechte erster und zweiter Klasse geben kann. Der Versuch, soziale Menschenrechte zu zweitrangigen Rechten abzuwerten, widerspricht damit stets dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Menschenrechte. Freiheitsrechte sind ohne soziale Menschenrechte undenkbar.

“Unveräußerlichkeit“ der Menschenrechte

Menschenrechte gelten absolut, nicht relativ. Menschenrechte sind damit unveräußerlich. Kein Mensch kann hierauf verzichten.

Dieser Grundsatz der Unveräußerlichkeit der Menschenrechte, der seit John Locke allgemeines Bewusstsein ist, ist eine notwendige Folgerung aus der Universalität und der Unteilbarkeit der Menschenrechte: Menschenrechte gelten alle überall – und müssen dies auch.

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